Geothermie

Wilhelmsburger Energiebunker im Vitra Design Museum: Ökokraftwerk wird Stil-Ikone

Während der Bau der Leitungen, die unseren Geothermie-Standort mit dem Wilhelmsburger Energiebunker verbinden, weiter voranschreitet, wird auch dem oft als „Öko-Kraftwerk“ bezeichneten Gebäude selbst immer mehr Anerkennung zuteil.  Seit dem 23.3.2024 ist der ehemalige Flak-Bunker, in dem sich die Energiezentrale des Wärmenetz Wilhelmsburg befindet, sogar im Vitra Design Museum im Schweizer Weil am Rhein zu bewundern. Das Museum zählt zu den führenden Designmuseen weltweit. Es erforscht und vermittelt die Geschichte und Gegenwart des Designs und setzt diese in Beziehung zu Architektur, Kunst und Alltagskultur. Die Ausstellung „Transform! Design und die Zukunft der Energie“ widmet sich der Transformation des Energiesektors aus der Designperspektive: Vom Alltagsprodukt für die Nutzung erneuerbarer Energien bis zur Gestaltung von Solarhäusern und Windkraftanlagen, vom intelligenten Mobilitätskonzept bis zur Zukunftsvision energieautarker Städte.

Der Bunker, in dem unterschiedliche Formen Erneuerbarer Energieerzeugung zusammenkommen, ist dem Bereich «Future Energyscapes» zugeordnet. Dieser zeigt besonders innovative Ansätze und Visionen künftiger Energielandschaften. Wir freuen uns sehr über diese Möglichkeit, so hoffentlich auch noch mehr Menschen für das IW3 -Projekt begeistern zu können. Die Ausstellung läuft bis zum 1.9.2024.

Dr. Carsten Hansen berichtet auf der Geotherm über Projektfortschritte

Darüber, welche aktuellen Entwicklungen es im Wilhelmsburger Geothermie-Projekt gibt, referiert der Projektmanager Forschung, Dr. Carsten Hansen, am 1. März 2024 bei der Geotherm Expo & Congress in Offenburg. Dort findet in diesem Jahr bereits zum 17. Mal Europas größte Geothermie-Fachmesse mit Kongress statt. Die Veranstaltung greift die aktuelle Entwicklung der Branche auf und schafft eine Plattform, die sich ausschließlich dem Thema Geothermie widmet. Knapp 5000 Fachbesucher sowie rund 160 Aussteller aus 40 Nationen werden erwartet. Schließlich gewinnt das Thema Geothermie immer mehr an Bedeutung: Dem Bundesverband Geothermie zufolge gibt es in Deutschland 43 geothermische Anlagen mit einer Bohrtiefe von mehr als 400 Metern. Langfristig könnten mit Tiefer Geothermie rund 300 TWh Energie bereitgestellt werden. Die geothermische Energieform ist grundlastfähig und steht damit jederzeit wetterunabhängig zur Verfügung. Entsprechend hoch ist aktuell der Bedarf an Austausch, Vernetzung und Zusammenarbeit in der Branche, um gemeinsam einen Beitrag zu leisten.

Hier geht es zum Kongressprogramm

Die nächsten Schritte: Was passiert beim Fördertest?

Noch liegt der Bohrplatz im Winterschlaf, doch der Eindruck täuscht: Unsere Expertinnen und Experten arbeiten unermüdlich daran, dass es in Kürze weitergeht. Als nächstes stehen der Einbau der Filterrohre und der Fördertest an. Danach können wir erstmals verlässlich sagen, mit welcher geothermischen Wärmeleistung wir in Wilhelmsburg rechnen können. Aber wie genau funktioniert dieser Fördertest?

Einbau der Filterrohre

Im März wird zunächst ein sogenanntes Workover Rig auf dem Bohrplatz aufgestellt. Man kann sich das wie eine kleinere, mobile Bohranlage vorstellen. Damit werden wir die spätere Förderbohrung erneut befahren und von losem Gesteinsmaterial befreien, das sich eventuell am Boden der Bohrung angesammelt haben könnte. Denn Rohre wurden nur bis zum obersten Bereich unseres geothermischen Reservoirs eingebaut. In das Reservoir – also den Bereich, wo die Sandsteinschicht am durchlässigsten ist – werden anschließend die Filterrohre eingebaut.

Hierbei handelt es sich um Rohre aus besonders korrosionsresistentem Stahl, die sehr dünne, horizontale Schlitze aufweisen. Diese Schlitze ermöglichen dem Thermalwasser in das Rohr einzuströmen, während Sandsteinpartikel zurückgehalten werden. Um die Filterrohre baut sich ein natürlicher Filterkuchen aus Sand auf.

Die Filterrohre wurden speziell für unser geothermisches Reservoir gefertigt. Da es sich hier also nicht um standardisiertes Equipment handelt, haben diese Komponenten mitunter lange Lieferzeiten.
Nach dem Einbau der Filterrohre wird das Workover Rig wieder abgebaut.

In das verrohrte Bohrloch wird dann mithilfe von Kränen eine Thermalwasserförderpumpe eingebracht. Diese Pumpe – konkret eine Tauchkreiselpumpe – muss immer im Wasser hängen und wird deswegen auf einer Tiefe von circa 500 Metern befestigt. Der Wasserspiegel in der Bohrung liegt im Ruhezustand, wenn kein Thermalwasser gefördert wird, bei circa 60 Metern unter der Geländeoberfläche.


Das Foto rechts zeigt ein Muster der Filterrohre. Die tatsächlich verwendeten Filterrohre haben einen noch größeren Durchmesser © C. Hansen / CAH

Der Fördertest

Nach dem Einbau der Filterrohre und der Thermalwasserförderpumpe erfolgt der eigentliche Fördertest: Aus der Produktionsbohrung wird das Thermalwasser stufenweise mit verschiedenen Förderraten nach oben gefördert, um sukzessive die Förderrate für den späteren Betrieb zu ermitteln. Diese Testarbeiten werden rund eine Woche dauern. Danach können wir sowohl die optimale Förderrate definieren als auch die genaue Temperatur des Thermalwassers. Anschließend simulieren wir den Betrieb einer künftigen Geothermie-Anlage mit dem sogenannten Zirkulationstest: Wir fördern Thermalwasser aus der Förderbohrung und leiten es über die Injektionsbohrung wieder zurück in den Untergrund, aus dem es kommt. Dafür wird das Thermalwasser obertägig erneut durch ein zusätzliches Filtersystem geleitet, in dem auch feinste Partikel aus dem Thermalwasser gefiltert werden. Damit stellen wir sicher, dass sich die Injektionsbohrung nicht durch Einlagerung von Feinmaterial nach und nach zusetzt.

Funktioniert alles wie geplant, ist nach dem Abschluss der Tests ein wichtiger Meilenstein erreicht und wir können die klimafreundliche Wärmeversorgung in Wilhelmsburg ganz detailliert ausrichten. Mit der dann noch ausstehenden finalen Investitionsentscheidung gibt es auch den Startschuss für den Bau des Heizhauses.


Zweite Bohrung erfolgreich beendet

Mit der zweiten Bohrung haben wir mittlerweile erfolgreich die vertikale Endtiefe von rund 1.460 Metern erreicht – damit sind die Bohrarbeiten in Wilhelmsburg abgeschlossen. Die ersten Container werden bereits vom Bohrplatz abtransportiert und auch der Bohrturm wird in den nächsten Wochen vollständig abgebaut.

Für die zukünftigen Fördertests reicht der Aufbau einer kleineren Anlage über den Bohrlöchern.

Erneut Bohrkerne gezogen

Nachdem wir mit der zweiten Bohrung den oberen Bereich der aussichtsreichen Sandsteinschicht erreicht hatten, konnten wir erfolgreich Rohre einbauen. Anschließend haben wir – wie bereits bei der ersten Bohrung – mehrere Gesteinsproben, also Bohrkerne, gezogen.

Die Bohrkerne werden nun im Labor gereinigt und weitergehend untersucht. Hierbei sind insbesondere die Porosität und Durchlässigkeit wichtige Parameter. So können wir weitere Informationen über unser Zielreservoir sammeln, die wir benötigen, um das geothermische Potenzial am Standort in Wilhelmsburg zu bewerten. Dabei helfen auch die Daten, die wir aus den Bohrloch-Messungen gesammelt haben.


Auf dem Bild ist zu sehen, wie der Bohrkern über die Rampe von der Bohranlage nach unten transportiert wird. Danach wird der Kern aus den Rohren befreit, fachmännisch markiert und in Meterstücke zersägt und mit genauen Tiefenangaben versehen in Kernkisten verschlossen und ins Labor geliefert.

Hier sieht man einen Bohrkern aus unserem geothermischen Zielreservoir!

Die grünliche Färbung rührt von dem Tonmineral „Glaukonit“ her, das in den Sandsteinen vorkommt.

Die zweite Bohrung: Die Produktionsbohrung

Mit der zweiten Bohrung geht es gut voran: Wir sind bereits weit in den Gesteinsschichten des Tertiärs vorangekommen. Momentan werden Rohre eingebaut und zementiert. Wenn dieser Schritt abgeschlossen ist, werden wir unser Zielreservoir erneut durchbohren und untersuchen.

Die zweite Bohrung ist die Produktions- oder Förderbohrung: Sollte die Sandsteinschicht geothermisch nutzbar sein, soll darüber später das warme Thermalwasser gefördert werden.

Während die erste Bohrung bereits bei 1.300 Meter Tiefe die Sandsteinschicht erreichte, liegt das Zielreservoir bei der zweiten Bohrung etwas tiefer.


Rohre auf dem Bohrplatz: bereit für den Einsatz


Beide Bohrungen wurden nach einigen hundert Metern in einem Winkel von 45 Grad abgelenkt und liegen daher im Reservoir räumlich mehr als 1.000 Meter auseinander. Durch diese Distanz wird verhindert, dass das Thermalwasser, das abgekühlt in den Untergrund zurückgeleitet wird, über die Förderbohrung direkt wieder nach oben gepumpt wird (ein sogenannter hydraulischer Kurzschluss).

Stattdessen kann sich das abgekühlte Wasser erneut erwärmen, während es über mehr als einen Kilometer Strecke wieder auf die Förderbohrung zuströmt.

Die Grafik zeigt den groben Verlauf der thermalwasserführenden Sandsteinschicht: Die Produktionsbohrung soll das warme Thermalwasser aus zirka 1.300 Meter Tiefe fördern. Über die Injektionsbohrung soll es in einem geschlossenen Kreislauf wieder in das Reservoir zurückgeleitet werden.